Kaum eine zweite Gegend profitiert so stark von der Windenergie wie Ostfriesland. Enercon in Aurich ist als Marktführer für Windmühlen die Lokomotive. Aber auch kleinere Loks ziehen den Zug. Zu ihnen gehören – zumindest bisher – die Bard-Gruppe und die Schaaf Industrie AG (Siag) mit ihrem Tochterunternehmen Siag Nordseewerke GmbH, beide in Emden.
Bard betreibt selbst einen Offshore-Windpark, dem weitere folgen sollen. Die Firma stellt Anlagen in Emden selbst her. Siag Nordseewerke baut auf dem Gelände der früheren Werft, die von Thyssen-Krupp geschlossen wurde, die Stahlbauteile für Windmühlen auf See. Der nahtlose Übergang vom Schiffbau zur Windmühlenproduktion kann als Musterstück für ein Lehrbuch zum industriellen Wandel dienen.
Aber seit einiger Zeit ziehen dunkle Wolken über Emden auf: Bard entlässt jetzt 100 Mitarbeiter, weil Aufträge für Rotorblätter fehlen. Es tut sich momentan wenig auf See. Allerdings lassen sich bei Bard auch hausgemachte Probleme nicht übersehen. So machte ein mehrfacher Wechsel in der Firmenspitze stutzig.
Bei SIAG Nordseewerke droht Ungemach, seit die Firmenmutter Siag im Sauerland jüngst Insolvenz anmeldete. Davon ist die Tochter in Emden zwar vorläufig nicht betroffen – aber nur deshalb, weil die Norddeutsche Landesbank die Kredite nicht abzieht und das Land Niedersachsen dafür bürgt. Ob es auf Dauer gut geht, ist schwer zu sagen. Zum Glück hat Siag in Emden jedoch genug Arbeit, so dass von dieser Seite nichts zu befürchten ist.
Auf jeden Fall herrscht bei Politik, Wirtschaft und Verwaltung in Emden Alarmstimmung. Denn es wäre für die Stadt und für Ostfriesland ein schwerer Schlag, wenn Emden seine gute Stellung als Produktions- und Umschlagsort für Windmühlen einbüßen würde. Verliert die Stadt den Vorsprung und das Wissen, ist es für immer verloren.
Aber auch sonst sieht es momentan mit Windparks auf See nicht sonderlich gut aus. Sie droht vor die Wand zu fahren, weil es an schlüssiger Planung fehlt – und schlimmer noch: Wer finanziert die Projekte? So hörten wir dieser Tage aus Kreisen großer Banken, dass sie sich bei der Finanzierung dieser Parks sehr zurückhalten, um es vorsichtig auszudrücken. Das sind Aussichten, die keine Freude aufkommen lassen.
Es wird immer deutlicher: Wenn die Bundesregierung die Energiewende nicht bald als große nationale Aufgabe anpackt, werden in einigen Jahren die Atomkraftwerke wieder hochgefahren. Zurzeit jedenfalls geschieht wenig bei den Stromnetzen – und gar nichts bei neuen herkömmlichen Kohle- oder Gas-Kraftwerken, die flexibel auf Stromschwankungen und Mehrbedarf reagieren müssen.