Der Teufel steckt manchmal im Detail. Wer wüsste das nicht aus eigenem Erleben. So kommt denn auch ganz harmlos die Europäische Union mit Plänen zu einer neuen Arbeitszeitrichtlinie daher – und schon scheint in Deutschland ein Eckpfeiler des Ehrenamtes zu wackeln. Freiwillige Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Rotes Kreuz und artverwandte Hilfsorganisationen lösen Alarm aus. Ostfrieslands oberster Feuerwehrmann, Regierungsbrandmeister Arnold Eyhusen, sagt zwar „Wir jagen einen Geist“. Aber er wähnt sich nicht sicher, dass der Geist nicht eines Tages doch aus der Flasche entweicht – und stößt kräftig ins Horn.
Die Arbeitszeitrichtlinie regelt zum Beispiel, wie lange ein Arbeitnehmer maximal arbeiten darf und welche Pausenzeiten ein Betrieb einhalten muss. Das ist grundsätzlich nichts Neues und sehr vernünftig. Neu und für das Ehrenamt bedrohlich sind allerdings Gedankenspiele, ehrenamtliche Tätigkeiten wie Feuerwehreinsätze der beruflichen Arbeitszeit gleich zu setzen. Da hört der Spaß auf. Denn in der Praxis könnte solch ein Fall eintreten: Ein Feuerwehrmann sitzt abends um acht zu Hause auf dem Sofa. Die Sirene oder sein Pieper schrecken ihn hoch zu einem Einsatz, der bis zwölf dauert – mit der Konsequenz, dass er am nächsten Morgen um sieben nicht zur Arbeit darf, weil er die vorgeschriebene Ruhepause nicht einhalten kann. Mit einer solchen Arbeitszeitrichtlinie, die der Bundestag noch in deutsches Recht gießen müsste, wäre Ärger mit dem Chef programmiert, bei dem der Arbeitnehmer an schwächeren Hebel säße. Die Folge: Er sagt der Feuerwehr ade.
Nun wird auch in Brüssel nichts so heiß gegessen wie gekocht. Der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote hat bereits vor einigen Monaten offiziell eine Anfrage an die Kommission gerichtet, was es mit der Arbeitszeitrichtlinie und dem Ehrenamt auf sich habe. Die Antwort lässt den Schluss zu, dass die Kommission dem Ehrenamt in Deutschland nicht an den Kragen will. Jedenfalls hat sie bisher keinen Vorschlag gemacht, die rechtliche Stellung von freiwilligen Feuerwehrleuten zu ändern. Wenn Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Sozialverbände sich europäisch auf einen gemeinsamen Vorschlag im Sinne des deutschen Ehrenamts einigen , ist sowieso alles in Butter. Dann übernimmt die Kommission den Vorschlag, an dem Sozialpartner zurzeit basteln.
Groote hat als Politiker schon Enten ertrinken sehen und ist deshalb auf der Hut. Deshalb heißt seine Parole „Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen – aber wir müssen aufpassen.“ Denn eines ist ihm klar: Wenn der Damm mit Feuerwehr und anderen Hilfsorganisationen brechen würde, käme zwangsläufig die Frage auf, wie ehrenamtliche Arbeit in Sportvereinen oder Verbänden zu bewerten ist.
Das Ehrenamt ist zweifellos der Kitt unserer Gesellschaft. Er darf nicht bröckeln. Zumindest darin sind sich alle deutschen Europaabgeordneten einig, unabhängig von ihrer politischen Farbe. Deshalb können Feuerwehren & Co. davon ausgehen, dass es schon gutgehen wird.