Von der einfachen Verwaltungsangestellten in ein Zentrum der Macht, vom Rathaus in Bunde ins Leineschloss in Hannover: Eine bemerkenswerte Karriere, die Johanne Modder hinlegt. Einst hätte man dies als klassischen sozialdemokratischen Aufstieg bezeichnen können, aber heute ist ein solcher Sprung auch bei den Sozialdemokraten eine Ausnahme.
Die 52-Jährige führt seit vergangenen Dienstag die SPD-Fraktion im Landtag. Bisher war sie deren Geschäftsführerin, lernte das Innenleben des Landtags kennen und sorgte für reibungslose parlamentarische Abläufe. Zweifellos eine gute Lehre für den neuen Posten.
Der größte Unterschied jedoch ist, dass Johanne Modder nicht mehr wie seit zehn Jahren die Oppositionsbank drückt, sondern an der Spitze der größten Regierungsfraktion steht. Kein Wunder, dass eines ihrer ersten Worte nach ihrer Wahl „Verantwortung“ hieß, ergänzt um das Adjektiv „große“.
Damit übertreibt sie nicht. Sie weiß, welche Bürde jetzt auf ihren Schultern lastet. Chefin der größten Regierungsfraktion – das heißt: Johanne Modder ist in der niedersächsischen Landespolitik die zweitmächtigste Person, gleich nach dem Ministerpräsidenten. Ohne die Bunderin kann Stephan Weil sich auf den Kopf stellen – er wird nicht viel durchsetzen können. Der Erfolg der neuen Landesregierung hängt wesentlich davon ab, wie der Ministerpräsident und die Fraktionsvorsitzerin miteinander klarkommen, und wie sie gemeinsam mit den sehr selbstbewussten Grünen als Koalitionspartner in dieselbe Richtung rudern. Und nebenbei zeigen, wer Koch und wer Kellner ist.
Johanne Modder steht knapp 50 Parteifreunden vor, die nicht leicht zu führen sind, zumal mindestens drei Viertel einer jeglichen Fraktion meinen, es besser zu können als der Vorstand. Hinzu kommt, dass die Regierung aus SPD und Grünen nur ein Mandat mehr auf die Waage bringt als die Opposition. Da kann ein beleidigter oder enttäuschter Quertreiber viel blockieren oder gar die Regierung stürzen.
Es wartet also schwere Arbeit auf Johanne Modder. Zumal die Erwartungen groß sind und das Land knapp bei Kasse ist. Aber die Rheiderländerin hat sich die Aufgabe selbst ausgesucht. Schon früh hat sie intern deutlich gemacht, dass sie kein Ministeramt anstrebt. Stephan Weil hätte es ihr wegen ihrer starken Position in der Partei kaum verwehren können. Nein, Frau Ministerin wollte sie jetzt nicht werden. Vielleicht später einmal. Minister genießen zwar mehr Prestige, aber sie haben nicht so viel Macht und Einfluss wie die Chefin der Regierungsfraktion – wenn sie ihre Rolle klug spielt.
Wir erinnern gern an Joke Bruns aus Emden, der damals unter Gerhard Schröder ebenfalls kein Ministeramt, sondern die Fraktionsführung übernahm. Für Ostfriesland waren es gute Jahre. „Ostfriesland sitzt in Hannover in der ersten Reihe“, pflegte Bruns zu sagen. Seit Dienstag ist es wieder soweit.