Der frühere Oberkreisdirektor des Landkreises Leer Peter Elster, der bei vielen Älteren noch heute einen legendären Ruf genießt, wusste: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Als Pastorensohn mag ihm diese Erkenntnis mit in die Wiege gelegt worden sein, aber er lebte auch danach. So prägte er fast ein Vierteljahrhundert als Präsident die Ostfriesische Landschaft.
Im Landkreis Leer machte er den Oberkreisdirektor, heute den jeweiligen Landrat, zum Schlossherrn. Sein Einsatz rettete Gut Stikelkamp, die Haneburg und die Evenburg vor dem Verfall. Das alles konnte er nicht im Alleingang auf die Beine stellen. Er brauchte politische Mehrheiten im Kreistag.
Eines Tages gab er den Abgeordneten einen bemerkenswerten Satz zu bedenken: „Ihr werdet später nicht daran gemessen, wie viele Radwege und Straßen ihr gebaut habt, sondern war ihr fürs kulturelle Erbe getan habt.“ Die Abgeordneten nahmen sich den Rat zu Herzen.
Er wirkt bis heute nach. Elsters Nachfahren blieben sich ihrer Verantwortung bewusst – in Zeiten knapper Finanzen nicht selbstverständlich. Über den Wert von Kultur in seinen verschiedenen Formen zu schreiben, würde den Platz sprengen. Aber die kulturelle Landschaft des Landkreises ist reicher geworden. In der klassischen Musik ragt Leer schon lange über den Durchschnitt hinaus. Das neue „Theater an der Blinke“ sorgt für frischen Schwung. Am Profil der Theateraufführungen will Landrat Bernhard Bramlage noch feilen. Er möchte auch junge Leute direkt ansprechen.
Das Schloss Evenburg, renoviert und restauriert, inmitten eines herrschaftlichen englischen Landschaftsgartens gelegen, hat mit der norddeutschen Park- und Gartenkultur sein Schwerpunkt-Thema gewonnen. Ausstellungen und Events wie „Das kleine Fest im großen Park“ locken viele Menschen. Die Evenburg ist fester Teil im regionalen Tourismus-Angebot.
Die Kreismusikschule, vor einigen Jahren finanziell auf der Kippe, steht wieder auf solidem Fundament. Ihre Basis ist die musikalische Früherziehung. Grundsätzlich gilt für alle Bürger: Wer Musik machen möchte, kann ein Instrument in der Musikschule lernen – wer Talent hat, sogar so gut, dass er es studieren könnte. Die Kreismusikschule geht auch mit Projekten in Kindergärten und Grundschulen. Nach wie vor veranstaltet sie Konzerte.
Das Kunsthaus in Leer kommt Schritt für Schritt voran auf seinem Weg zum Archiv ostfriesischer bildender Kunst. Es birgt bereits 17 Sammlungen in seinem Archiv. Erste Ausstellungen waren erfolgreich, auch die letzte namens „Ferne Nähe“ mit der aus Weener stammenden Marikke Heinz-Hoek.
Jüngste Perle in der kulturellen Kette ist die Gedenk- und Begegnungsstätte Ehemalige Jüdische Schule in Leer. Sie will das Gedenken an die ausgerotteten jüdischen Bürger aus Leer wachhalten und aktuelles jüdisches Leben zeigen. Gegenwärtig arbeiten Hausleitung und Schulen an einem pädagogischen Konzept, um Kindern und Jugendlichen jüdisches Leben nahezubringen.
Der kurze Überblick zum Jahreswechsel zeigt: Peter Elster braucht sich seiner politischen Nachfahren nicht zu grämen. Die Kultur im Landkreis Leer ist in guten Händen