Auf Rosen gebettet waren die allermeisten Städte und Gemeinden in Ostfriesland noch nie. In der Regel gehen sie finanziell am Krückstock.
Zu bedauern ist aktuell die Stadt Emden. In ihrer Kasse herrscht Ebbe, weil der VW-Konzern wegen des Abgas-Skandals vermutlich auf Jahre keine Gewerbesteuer mehr überweist. Der Emder Stadtkämmerer will deshalb bis 2019 ein Sparpaket von 25 Millionen Euro schnüren – und hofft dann auf bessere Zeiten. Skepsis ist erlaubt.
Weil VW-Manager und Ingenieure über eine lange Zeit Kunden in aller Welt skrupellos hinters Licht geführt haben, müssen die Emder Bürger Verzicht üben. Aber das ist nicht das Ende der Fahnenstange.
Denn VW hat die Krise bisher nicht im Griff. Was Konzern-Chef Müller jüngst in einem Interview in den USA gesagt hat, deutet darauf hin, dass es in Wolfsburg an Einsicht in eigene Schuld mangelt – was einer radikalen Aufklärung im Wege steht. Mögen VW-Obere es auch von sich weisen: Der Skandal wird Jobs kosten. Das ist schlimm für Betroffene und belastet öffentliche Kassen.
Aus anderen Gründen, aber fast ebenso tief wie Emden steckt die Stadt Leer im Schlamassel. In den nächsten Jahren will sie sich jeweils zwischen fünf und acht Millionen Euro von Banken leihen, so dass sie alles in allem mehr als 40 Millionen Euro Schulden anhäuft.
Leer kann nicht mit dem Finger auf ein VW-Werk oder einen anderen klammen Großbetrieb zeigen. Hier summiert sich ein ganzes Bündel von Ursachen. So hängen der Stadt die Probleme mit der Schleuse wie ein Mühlstein um den Hals. Immer wieder sind teure Reparaturen fällig. Bald steht eine große Sanierung für 6,8 Millionen ins Haus.
Andere geplante Schulden sind auf Unzulänglichkeiten zurückzuführen und somit zum Teil hausgemacht. Beispiel: Die Stadt hat ihr Schwimmbad sehenden Auges verkommen lassen. Jetzt wird ein Neubau fällig – für mindestens zehn Millionen.
Wie die Stadt mit ihrer Renommiermeile, der Uferpromenade am Hafen, umgeht, spottet jeder Beschreibung. Damit ist hier nicht mal gemeint, dass sie dort den Winterdienst verweigert. Nein, sie hat das teure Holz dort schlicht verrotten lassen. Einen Teil der Promenade musste sie bereits vor Monaten sperren, ein weiterer Abschnitt folgt, eine Vollsperrung ist nicht ausgeschlossen. Die Kompletterneuerung geht in die Millionen.
Nächster Fall: Die Stadt hat die nötige Sanierung des Logaer Wegs zunächst über Jahre schleifen lassen und dann wegen eines ausdauernden Streits mit Anliegern bisher nicht auf die Reihe bekommen. Wie auch immer: Es wird teurer als eigentlich nötig. Die Stadt muss mindestens 3,6 Millionen Euro locker machen.
Der Vollständigkeit halber: Die Umgebung des Bahnhofs muss neu ausgerichtet werden. Das ist unter zwei Millionen kaum zu machen.
Klar ist: Eine Stadt kann ihren Haushalt nicht wie die sprichwörtliche schwäbische Hausfrau führen, die keinen Cent mehr ausgibt als sie hat. Schulden sind nicht von vornherein vom Teufel. Im Gegenteil, sie sind oft gerechtfertigt, wenn ein entsprechender Gegenwert entsteht. So argumentiert auch die Stadtspitze. Trotzdem: Zwar sind Zinsen historisch niedrig. Aber irgendwann muss Leer den Schuldenberg abtragen.
Zumal eines bei all den schönen Vorhaben noch nicht berücksichtigt wird: Das Flüchtlings-Drama wird auch an den kommunalen Kassen nicht spurlos vorübergehen.