Der Landkreis Leer hat gestern am Sonnabend seinen Landrat feierlich aus dem Dienst veabschiedet. Einige hundert Gäste kamen, an ihrer Spitze Ministerpräsident Stephan Weil. Bernhard Bramlage, 68 Jahre alt, setzte sich nach 15 Jahren an der Spitze der Kreisverwaltung zur Ruhe. So ganz sicher sind wir aber nicht, dass er bis Montag um Mitternacht nicht noch das eine oder andere erledigt. Denn erst dann endet offiziell sein Dienst.
Damit sind wir schon bei einer Tugend, die ihn auszeichnet: Arbeit, Arbeit, Arbeit. Deshalb tippen wir mal, dass er seine Pension nicht im Hörnstuhl oder mit Unkrautzupfen im Garten genießt, sondern den Ruhestand eher als Unruhestand auslegt. Was einem Arbeitspferd auch besser bekommt.
Gut, er wird öfter als bisher zur Jagd gehen, verreisen, an einem Moped schrauben oder funken – aber er wird auch noch einiges ehren- oder nebenamtlich um die Ohren haben.
Bramlages Bilanz beeindruckt: Die Haben-Seite funkelt, nur wenige Punkte liegen im Soll. Er hat was aus dem Amt gemacht, viele Vorhaben angestoßen und umgesetzt. Dabei ist klar, dass er dafür den Kreistag an seiner Seite haben musste und sich auf ein tüchtiges Team stützen konnte. Beides spricht für Führungskraft.
Wir nennen einige markante Punkte, für die er auf seinem Konto verbuchen kann: Er vollendete die Sanierung des Haushaltes und schuf damit die Voraussetzung für viele Projekte. Nur so konnten Schulen in Schuss gebracht werden.
Ohne seinen jahrelangen Einsatz gäbe es die restaurierte Evenburg nicht. Bramlage ist Mr. Evenburg. Kultur ist sein Steckenpferd, er reitet es ausdauernd. Davon profitiert die Nachwelt neben der Evenburg von der Jüdischen Schule, dem Kunsthaus und dem Theater an der Blinke.
Das Zentrum für Arbeit geht auf sein Drängen zurück. Als einer der ersten weit und breit erkannte Bramlage die Folgen des Demografischen Wandels und stellte schon vor Jahren eine Demografie-Beauftragte ein, die das Thema systematisch vorantreibt. Die Familienpolitik des Landkreises gilt weithin in vielen Bereichen als vorbildlich. Das Flüchtlings-Problem löst er bis heute geräuschlos, soweit es in der Macht des Landkreises steht.
Bramlage weiß, dass Wirtschaft nicht alles, aber ohne Wirtschaft alles nichts ist. So hat er viel dafür gearbeitet, dass Leer das Maritime Kompetenzzentrum erhielt und die Seefahrtschule nicht aufgelöst wurde. Die Saat, die er mit dem Bildungs-Campus gelegt hat, wird er nicht mehr ernten können, was ihn etwas traurig stimmt. Denn der Campus ist eine seiner Herzenssachen.
Bramlage ist Jurist durch und durch. Das hat Vorteile, ist in der Politik jedoch manchmal hinderlich. Man macht sich selbst und anderen das Leben schwerer als nötig. Damit hatte der Landrat gelegentlich zu kämpfen. So wäre beim Ringen um den Masterplan Ems mehr der Politiker als der Jurist gefragt gewesen. Das gilt auch für den noch frischen Ärger um die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie.
Leider verloren hat er den Kampf um die Berufsakademie Ostfriesland (BAO). Die BAO wird über kurz oder lang ganz nach Emden gehen. Diesen Schuh müssen sich jedoch andere anziehen.
Unter dem Strich: Bramlage hat seine Behörde sauber geleitet und den Freiraum für politische Gestaltung offensiv genutzt – unermüdlich, diszipliniert und ideenreich. Die Menschen im Landkreis dankten es ihm mit überzeugenden Ergebnissen bei drei Wahlen. Er war ein sehr erfolgreicher Landrat.